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Die CNI e.V., „Fachgesellschaft und Netzwerk in der Außerklinischen Intensivversorgung“ ist überrascht nach Kenntnisnahme der Pressemitteilung des GKV Spitzenverbands zum Thema „Zentrale Forderungen zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Hilfsmittelversorgung“. Zunächst fällt auf, wie oberflächlich und ohne Unterfütterung von Zahlen, Daten, Fakten Hypothesen seitens des GKV-Spitzendverband formuliert werden. Es ist die Rede von „Die jährlichen Hilfsmittelausgaben sind in der letzten Dekade um fast 60 Prozent auf über 10 Milliarden Euro angewachsen“ sowie „Nach dem Wegfall der Ausschreibungen sind die Preise eklatant in die Höhe geschnellt“ Quellen dazu werden nicht benannt. Dass es nach 2019 im Vergleich zu Vorjahren zu massiven Kostensteigerungen an allen Stellen bzgl. aller Kostenarten im Versorgungssystem gab, bleibt gänzlich unerwähnt. Ebenso sollte der Umstand genannt werden, dass sich Kostensteigerungen in den Unternehmen der hier adressierten Hilfsmitteldienstleister explosionsartig (in Geschwindigkeit und Ausmaß) entwickelten, während die sukzessive und sehr behutsame/moderate Anhebung von Kostenträgererstattungen in den Versorgungsverträgen im Laufe von 18 – 24 Monaten, i.d.R. im einstelligen Prozentbereich, erfolgte. Eine weitere Hypothese des GKV-Spitzenverband lautet „Die Versorgung der Versicherten hat das jedoch nicht verbessert…“ Mess- und Bewertungsansätze, die zu dieser Aussage führten, werden auch hier nicht erläutert. Die CNI e.V. ist der Meinung, dass es sehr wohl Verbesserungen und Sicherungen der Qualität im Bereich der Hilfsmittelversorgungen gab und gibt. Das belegen u.a. Zahlen der präqualifizierten Unternehmen. Darüber hinaus sieht z.B. die aktuelle Gesetzgebung zum Thema GKV-IPREG (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz) eine Potenzialerhebung mittels digitaler Visiten vor, was eine stetige und nachhaltige Verbesserung der Pflegequalität erwarten lässt . In diesem Zusammenhang wurden hier in den vergangenen Jahren, meist zu finanziellen Lasten der Versorger und Leistungserbringern der Pflege, neue Geräte etabliert und Projekte aufgesetzt. Als Netzwerk von Pflegediensten, Providern und Schulungsanbietern in der außerklinischen Intensivpflege (AKI) , sieht es die CNI e.V. als erforderlich an, für die hier betroffenen Patienten GKV-Spitzenverband und Politik in der Pflicht zu nehmen und an die Besonderheiten der Versorgung und Bedarfe dieser Patienten zu erinnern. In diesem Zusammenhang könnte ein Bürokratieabbau in den Versorgungs- und insbesondere in den heute erforderlichen Administrationsprozessen erheblich dazu beitragen, Leistungsprioritäten zu Gunsten der Betroffenen zu setzen, und unnötige, hohe Verwaltungskosten aus dem Gesamtsystem von Medizinern, Versorgern, der Pflege und ebenso auf Seiten der Kostenträger herauszunehmen. Dargestellt am Beispiel invasiv beatmeter Patienten werden im Folgenden die Konsequenzen für die Betroffenen und deren Angehörige im Falle von Auftragsvergaben im Bereich der Hilfsmittel per Ausschreibung aufgezeigt:
1. Im Bereich der invasiven Beatmung geht es für die Betroffenen täglich und rund um die Uhr um lebensgefährdende Risiken. Diese Patienten müssen sich deshalb jederzeit und zu 100 % darauf verlassen, dass keine Fehler passieren, und dass stetig erforderliches, qualifiziertes Fachpersonal, Technik und Geräte, sowie Zubehör verfügbar sind. Auf dieser Basis darf „Wirtschaftlichkeit“ nicht die erste Priorität jedes Handelns sein, Augenmaß und Weitblick sehr wohl.
2. Im Falle notwendiger, komplexer Versorgungen (Mehrfachversorgungen) von Patienten mit unterschiedlichen Hilfsmitteln (Beatmung, Ernährung, Inkontinenz, Rehabilitationshilfsmitteln, orthopädischen Hilfsmitteln, Pflegehilfsmitteln, etc.) würde es bei erneuten Ausschreibungen in diesen Bereichen zu einer massiven Komplexitätserweiterung der unkoordiniert handelnden, beauftragten Organisationen und zu Mehrbelastungen im Rahmen der Versorgung für Angehörige, Pflege und für die Betroffenen selbst kommen. Dies deshalb, weil im Falle eines mehrfach zu versorgenden, multimorbiden Patienten mehrere Leistungserbringer ineffizient involviert wären. Insbesondere komplex zu versorgende Kinder und deren Angehörige träfe der Weg der Ausschreibung von Versorgungsleistungen besonders hart, hierzu gibt es bereits eine Stellungnahme der rehaKIND – Internationale Fördergemeinschaft Kinder- und Jugendrehabilitation e.V. . Dieser Fördergemeinschaft gehört auch die CNI e.V. an.
3. Eine zwingend erforderliche, zielgerichtete und inhaltlich wie zeitlich abgestimmte Belieferung invasiver Patienten und deren Pflegediensten kann unter der Rahmenbedingung von Ausschreibungen in erforderlicher Form nicht organisiert erfolgen. Zeitverzögerungen sind die Folge, was insbesondere zu Entlass-Terminen aus Kliniken und Einrichtungen nicht geschehen darf.
4. Die Themen Invasive Beatmung und Tracheostomaversorgung beim selben Patienten gehören fachlich in eine Hand, um Missverständnisse und zeitliche Verzögerungen wie oben dargestellt gar nicht erst aufkommen zu lassen.
5. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Häufung erforderlicher Klinikeinweisungen invasiv beatmeter Patienten und der Qualität und Verlässlichkeit der alternativen Homecare- Versorgungen, die ganz wesentlich durch ihre politischen und finanziellen Rahmenbedingungen bestimmt werden. Auch Experimente seitens Kostenträgern gehören hier nicht hin, wie schon geschehen. Ein Kostenträger lässt Beatmungsgeräte vom Ausschreibungsgewinner versenden (!), der örtliche Intensivpflegdienst ist für alles Weitere zuständig. Unbeantwortet bleibt die Frage, was geschähe, wenn aus Gründen der falschen oder fehlenden Rahmenbedingungen für ambulante Intensivpflege und/oder für ambulante, invasive Beatmung ein hoher Anteil dieser Patienten in Ihrer zuständige Klinik eingewiesen werden müssten. Über dieses Szenario nachzudenken, ist ausdrücklich erlaubt.
6. Im industriellen Herstellerumfeld des Homecare-Beatmungsmarktes, ebenso im Bereich der gerätebasierenden Schlafapnoetherapiebehandlung bleibt festzustellen, dass sich in Deutschland jeweils 3 Unternehmen den Markt zu 99% teilen. 2 dieser Unternehmen agieren ferner mit einem 2. Standbein, dem eines „Providers“, d.h. sie versorgen unmittelbar Patienten mit Geräten, die der Mutterkonzern herstellt, Dass in diesem von Oligopolen Strukturen gekennzeichneten Markt eine wünschenswerte und wettbewerblich geprägte Preisbildung funktioniert, ist daher schwer vorstellbar.