Fachverbände für Menschen mit Behinderung fordern angemessene Übergangsfrist für neuen Anspruch auf Außerklinische Intensivpflege. Für etwa 18.000 Versicherte droht sonst eine lebensgefährliche Unterversorgung.
Mit ihrem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach haben die Fachverbände für Menschen mit Behinderung auf lebensbedrohliche Versorgungsdefizite bei beatmeten Versicherten hingewiesen und gefordert, die Frist für das Inkrafttreten des neuen Anspruchs auf Außerklinische Intensivpflege um zwei Jahre zu verlängern.
„Sollte die Frist nicht verlängert werden, tritt das neue Recht zum 31. Oktober 2023 in Kraft. Bislang stehen aber nicht genügend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung, um die Versorgung der betroffenen Versicherten über diesen Stichtag hinaus zu gewährleisten“, macht Beate Bettenhausen, Vorsitzende des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) für die Fachverbände für Menschen mit Behinderung deutlich. „Hier droht deshalb eine lebensgefährliche Unterversorgung einer besonders vulnerablen Personengruppe.“
Derzeit sind bundesweit etwa 18.000 beatmete oder trachealkanülierte Versicherte von der neuen Rechtslage betroffen. Eine Verordnung der für sie lebensnotwendigen medizinischen Behandlungspflege darf künftig nur noch durch eine kleine Gruppe besonders qualifizierter Ärztinnen und Ärzte erfolgen. Zuvor muss außerdem ein etwaiges Entwöhnungspotenzial ermittelt werden. Der Kreis der hierzu befugten Fachärztinnen und -ärzte bedarf sogar noch höherer Qualifikationen und ist damit noch enger gefasst. Das machen auch die aktuellen Zahlen deutlich: In der Arztsuche des Nationalen Gesundheitsportals sind bislang lediglich etwa 200 zur Potenzialerhebung befugte Fachärztinnen und -ärzte sowie cirka 300 zur Verordnung befugte Hausärztinnen und -ärzte gelistet.
„Für die Versorgung der 18.000 Versicherten, die künftig alle sechs Monate eine Verordnung nebst Potenzialerhebung benötigen, ist das viel zu wenig. Zudem schränkt die fehlende Barrierefreiheit vieler Arztpraxen die Versorgung der Betroffenen zusätzlich ein“, erläutert Beate Bettenhausen, die selbst Mutter eines jungen Mannes mit Intensivpflegebedarf ist. Um der Entstehung einer strukturellen Mangellage entgegenzuwirken und flächendeckende Versorgungsstrukturen aufzubauen, fordern die Fachverbände für Menschen mit Behinderung deshalb, die Frist für das Inkrafttreten der neuen Rechtslage um zwei Jahre zu verlängern.