Vertrauen stärken, Strukturen reformieren, nachhaltig finanzieren

Die gesetzliche Krankenversicherung versichert und versorgt rund 75 Millionen Menschen in unserem Land. Das sind 90 Prozent der Bevölkerung. Mit Blick auf die Sicherung und Weiterentwicklung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung dieser Menschen hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes seine Positionen für die 21. Legislaturperiode 2025 – 2029 beschlossen.

Dazu erklärt Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender: „Die Sicherung der Stabilität von Kranken- und Pflegeversicherung muss oberste Priorität in der Gesundheits- und Pflegepolitik haben. Denn in einer Zeit, die geprägt ist von globalen Krisen und gesellschaftlichen Umbrüchen, sind stabile Sozialsysteme ein verlässlicher Anker und stärken das Vertrauen in die Institutionen unseres Landes. Damit dies so bleibt, muss eine neue Bundesregierung die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung strukturell reformieren. Zuallererst muss Schluss damit sein, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für Aufgaben des Staates zahlen. Der Staat muss endlich seine Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben selbst wahrnehmen. Unsere Vorschläge für Reformen liegen auf dem Tisch. Die soziale Selbstverwaltung steht entschlossen und mit Erfahrung für die Umsetzung als verlässlicher Partner bereit.“

Dr. Susanne Wagenmann, alternierende Verwaltungsratsvorsitzende, erklärt: „Die soziale Sicherung ist zentraler Bestandteil einer funktionsfähigen sozialen Marktwirtschaft. Dafür bedarf es gleichermaßen gesunder Belegschaften und leistungsfähiger Unternehmen. Für dieses Fundament ist eine verlässliche und gute Absicherung im Krankheits- und Pflegefall unerlässlich. Es gilt, das Gesundheitswesen mit diesem Fokus wieder zukunftsfest machen. Leiten muss uns dabei Solidarität und Wirtschaftlichkeit mit einer konsequenten Qualitäts- und Nutzenorientierung auf der einen Seite und Eigenverantwortung unterstützt durch die Förderung einer gesundheitsbewussten Lebensweise und Gewährleistung medizinisch notwendiger Leistungen auf der anderen Seite. In diesem Spannungsfeld muss die gesundheitliche und pflegerische Versorgung gemeinsam von Politik und Selbstverwaltung weiterentwickelt werden.“

Reformbedarf und Prioritäten für die 21. Legislaturperiode 2025-2029

Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und soziale Pflegeversicherung (SPV) stehen derzeit vor immensen und vielschichtigen Herausforderungen. In der 21. Legislaturperiode bedarf es grundlegender politischer Weichenstellungen, um das Vertrauen in Gesundheitsversorgung und Pflege sowie in die solidarischen Sicherungssysteme zu stärken.

Kurzfristige Stabilisierung und nachhaltige Sicherung von GKV und SPV

Angesichts der defizitären Finanzsituation der GKV – wesentlich verursacht durch politische Entscheidungen – müssen kurzfristig Maßnahmen auf der Ausgabenseite zur Finanzstabilisierung ergriffen werden. Im nächsten Schritt müssen dringend grundlegende Strukturreformen erfolgen. Insbesondere ist der selektivvertragliche Wettbewerb zu stärken, um Effizienzverbesserungen zu erreichen.

Der Staat muss seiner Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben nachkommen. So muss der Bund ausgabendeckende Beiträge für Bürgergeldbeziehende an die GKV zahlen und die Bundesbeteiligung für versicherungsfremde Leistungen dynamisieren. Die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft darf bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden. In der Pflegeversicherung sind die noch nicht erstatteten pandemiebedingten Mehrausgaben sowie dauerhaft die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige vom Bund zu refinanzieren.

Um GKV und SPV vor staatlichen Eingriffen zu schützen, muss die soziale Selbstverwaltung gestärkt werden. Kranken- und Pflegekassen müssen die Rechte ihrer Mitglieder gegenüber der staatlichen Ebene auch auf dem Rechtsweg durch Klagerechte vertreten können, insbesondere wenn Mittel der Beitragszahlenden zweckentfremdet werden. Hierzu bedarf es einer klaren Regelung sowohl im Sozialgerichtsgesetz als auch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz oder einer Verankerung der Selbstverwaltung im Grundgesetz. Die Finanzautonomie der Krankenkassen muss wiederhergestellt werden.

Krankenhausversorgung bedarfsgerecht weiterentwickeln

Die Krankenhausversorgung muss sich stringent am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung ausrichten. Bundeseinheitliche Qualitätsanforderungen müssen für alle Krankenhäuser gelten. Leistungsgruppen, Qualitätsstandards und Vorhaltevergütung sind durch die gemeinsame Selbstverwaltung weiterzuentwickeln. Die automatische Tarifrefinanzierung für ärztliches Personal sowie die Meistbegünstigungsklausel müssen korrigiert werden.

Anstelle einer Gießkannenfinanzierung ist ein stärkerer Fokus auf fallunabhängige, versorgungsrelevante Kriterien zu richten. Der Transformationsfonds ist gänzlich aus Steuermitteln zu finanzieren. Ausgaben für fehlerhafte Abrechnungen sind nicht länger zu rechtfertigen. Deshalb muss es wieder uneingeschränkte Prüfungen der Abrechnungen geben, die Sanktionierung durch erhöhte Rechnungsaufschläge sollte ausgeweitet werden. Die Aufwandspauschale für Krankenkassen sollte gestrichen werden.

Ambulante ärztliche Versorgung: Zugang verbessern

Eine flächendeckende und bedarfsgerechte ambulante Versorgung ist essenziell für Patientinnen und Patienten. Um den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung zu verbessern, sind strukturelle Änderungen notwendig. Erforderlich ist eine diskriminierungsfreie und niedrigschwellige Terminvermittlung auf Basis eines zentralen, bundesweiten elektronischen Verzeichnisses für Behandlungstermine.

Zudem bedarf es besserer Steuerungsmechanismen und einer Anpassung der Vergütungssysteme, um die ambulante Versorgung effizienter zu gestalten. Anstelle finanzieller Anreize durch Aufhebung der Budgetierung nach dem Gießkannenprinzip sollten neue Arbeits- und Niederlassungsmodelle entwickelt werden. Für eine Koordination und Integration der vertragsärztlichen Versorgung sind Medizinische Versorgungszentren besser zu nutzen und ihre ärztliche Unabhängigkeit zu stärken.

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