#ALS und andere Ansichtssachen

Die Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose braucht Öffentlichkeit. Das versuchen verschiedene Organisationen weltweit seit vielen Jahren zu verwirklichen. Der Verlag Pinguletta hat jetzt mit dem Buch #ALS und andere Ansichtssachen vom Autor und Selbstbetroffenen Christian Bär ein neues Level erreicht. Das Buch ist jetzt – ganz aktuell – auf der Spiegel-Bestseller-Liste gelandet.

Das schreibt der Verlag zum Buch:

Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, ist eine unheilbare Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dabei bauen sich die Nerven und infolgedessen die Muskeln ab und deshalb verlieren die Betroffenen sukzessive die Kontrolle über sämtliche Körperfunktionen. Die Lebenserwartung beträgt nach Diagnose ohne Behandlung zwischen drei und fünf Jahren. In Deutschland gibt es nur ein zugelassenes Medikament, das das Leben der Erkrankten um einige Monate verlängert. Jährlich sterben in Deutschland etwa 2.000 Personen an ALS, etwa 8.000 Menschen sind erkrankt; weltweit gibt es circa 400.000 Erkrankte. Ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit kam die Krankheit durch die „Ice Bucket Challenge“ im Sommer 2014. Soweit die Fakten.

Christian Bär ist betroffen – er erhielt die Diagnose 2016 im Alter von 38 Jahren, mitten im Leben, gerade Vater geworden. Er ist ein sportlicher, umtriebiger, vielseitig interessierter, aktiver und sympathischer Mensch, den die Krankheit mit voller Wucht aus seinem bisher „normalen“ Familien-, Privat- und Arbeitsleben katapultiert. Und das dokumentiert er, von Anfang an, einfach unnachahmlich: Seinen Krankheitsverlauf schildert Bär nüchtern und manchmal fast sarkastisch, vom ersten Zucken seines rechten Bizeps über den Verlust nahezu aller Fähigkeiten bis auf die ihm nunmehr noch verbleibende Kontrolle über seine Augenlider. Begonnen als Blog, für den er 2019 verdientermaßen den 2. Platz beim Publikumspreis des „Grimme Preises Online“ erhielt, legt nun der pinguletta Verlag dieses außergewöhnliche Protokoll in Buchform vor.

Beeindruckend ist der Pragmatismus, mit dem Bär seine Krankheit beschreibt: sachlich, unglaublich gefasst und mit viel Ironie schildert er den Verlauf. Nie stellt er die Frage „Warum gerade ich?“. Und trotz seiner wenig aussichtsreichen Lage ist er ein weitgehend zufriedener Mensch – dank des Lebens mit und bei seiner Familie, die ihn daheim pflegt. Er beweist, dass „Glück“ ein höchst subjektives Gefühl ist. Und dadurch wird sein Werk zu einem Protokoll der Hoffnung, der Kraft und der Lebensfreude, ein Buch, das zeigt, was wirklich wichtig ist im Leben – positiv, motivierend, anregend, unterhaltsam, warmherzig, witzig und unbedingt lesenswert, nicht nur für Betroffene und Angehörige, sondern einfach für jeden, der eine anspruchsvolle und anregende Lektüre liebt.

Denn viel mehr als über das persönliche Schicksal macht sich der Autor Gedanken über die verschiedensten Themen aus Gesellschaft, Politik, Umwelt und allgemeiner Sinnhaftigkeit. Da geht es um Dinge wie Demokratie im Allgemeinen und im Besonderen, Politiker und ihr Gewissen, Corona, Marktwirtschaft, das Internet und die Medien, den Klimawandel, die Menschen und ihre Gesinnung – einfach alles, was ihn umtreibt und bewegt.

Besonders intensiv setzt sich Christian Bär mit dem 2017 erstmals vorgelegten Gesetzesentwurf zum Intensivpflegegesetz (GKV-IPfReG) auseinander. Es sieht – vereinfacht formuliert – vor, Menschen in einer Situation wie der seinen vollstationär in einem Pflegeheim unterzubringen und schränkt die Rechte auf eine Pflege zuhause massiv ein. Seine Kritik bezieht sich vor allem auf den damit einhergehenden Verlust der Selbstbestimmung: Er kann anhand vieler Beispiele nachweisen, dass Investoren den Weg geebnet bekommen, während den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen die ohnehin schon problematische Situation noch weiter erschwert wird.

Geschrieben ist das Buch in lockerem Ton – was aber nicht heißen soll, dass die Themen nicht ernsthaft bearbeitet werden. Christian Bär schreibt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist – frech, ironisch, manchmal sarkastisch, gerne mit einem Augenzwinkern, ausschweifend und doch auf den Punkt, einfach unverwechselbar. Erfrischend sind sein unverbesserlicher Humor sowie die vielen Verweise auf Filme, Bücher, ja sogar die Bibel. Gerne benutzt er dabei auch seinen Nachnamen, um seine Texte mit Wortspielen wie „Problembär“, „Bärendienst“ oder „es steppt der Bär“ zu würzen. Die Kapitel sind in sich abgeschlossen, so dass auch eine Lektüre in Abschnitten möglich ist – wenn auch nicht sehr wahrscheinlich… Ergänzt ist das Buch um viele Fotos vom Autor, eingeleitet wird es durch ein Vorwort von Professor Thomas Meyer, Ambulanz für ALS und andere Motoneuronerkrankungen Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie Infos zur Krankheit ALS und entsprechende Vereine von und für Betroffene.“

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