Stimmen aus dem ThinkTank

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Christiana Hennemann Vorstandssprecherin/Geschäftsführung 
rehaKIND – Internationale Fördergemeinschaft Kinder- und Jugendrehabilitation e.V. :
Meine Erfahrung aus über 20 Jahren rehaKIND-Erfahrung sagt mir, dass nur die Lauten gehört werden und vor allem diejenigen, die sehr laut schreien. Und viel zu viele, die konstruktiv arbeiten, werden leider immer weniger gehört – und wir haben rehaKIND gegründet, um denen eine Stimme zu geben, die leise sind, weil sie entweder klein oder schwach sind oder in schwierigen Kontexten leben und eben nicht gehört werden. … Laut bleiben ist das Einzige, was uns und Euch draußen hilft, egal wie – am besten so konstruktiv wie es hier im Thinktank war, aber manchmal muss es auch ein bisschen wilder hergehen … rehaKIND unterstützt im Moment massiv mit einigen anderen Institutionen und der Stiftung Wir z.B. für pflegende Angehörige eine Petition, die sich gegen die Blockade der Krankenkassen bei der Hilfsmittelversorgung richtet. Sie und Ihr alle kennt es: Es wird irgendetwas von sämtlichen Fachleuten, und gerade bei Kindern von pädiatrischen Experten verordnet, es wird begründet, es wird nochmal begründet, es erfolgt meistens eine Begutachtung des MDK auf Aktenlage, auch oft von Ärzten, die jetzt nicht gerade aus ganz speziellen Bereichen kommen. Und es wird abgelehnt. Und entweder geht es nochmal, solang die Eltern Kraft haben, solang alle Beteiligten die Kraft haben. Rehamittel und Hilfsmittel sind ja kein Luxus, dass wir mal eben aus Spaß haben, sondern man will es oder muss es haben, weil man es braucht. Und viele bekommen es dann nicht. Insofern denke ich, dass diese Petition, die wir mit unterstützt und mit über 55 000 Stimmen nach Berlin brachten, eine große Resonanz in der Politik hatte. Es hat natürlich auch für Unruhe gesorgt hat, dass gerade Kinder so schlecht versorgt werden und weil es so eindrücklich war, wie widersinnig manche Strukturen bei uns im Gesundheitswesen sind und wie viel Kraft diese für Nix verschlingen. Das ist einfach Ressourcenverschwendung, Geldverschwendung. Viele Dinge sind selbstverständlich und selbsterklärend und müssten doch nicht immer noch drei- bis viertausendmal nachgemacht und nachgeprüft werden. Insofern glaube ich, das laut bleiben wichtig ist, und laut und konstruktiv bleiben wird weiterhelfen. Da bin ich jetzt einmal ein bisschen optimistisch.

Benjamin Bechtle, B.A.
Bildungs- und Forschungsinstitut zum Selbstbestimmten Leben Behinderter e.V.:
Wenn jemand zu mir in die Beratung kommt und seine Ängste schildert, sage ich oft: Mach Dir mal nicht so einen Kopf drum! Wenn da irgendwelche Dinge kämen, muss man sich einen gescheiten Anwalt suchen, um dann verfassungsrechtlich dagegen vorzugehen. Die Beeinflussung der Wohnform (in diesem Maße) würde schon die UN-Behindertenrechtskonvention untersagen. Und von daher kann es nicht sein, dass allein deshalb, weil man auf Beatmung angewiesen ist, es dann heißt: „dann jetzt aber ab in eine Einrichtung!“, weil es unter dem Vorzeichen der Ressourcenallokation günstiger ist, wenn 20 Patienten von einer Fachkraft und drei Hilfskräften versorgt werden. Was natürlich nicht geht! Und von daher habe ich den Betroffenen immer geraten: Wehrt Euch!

Beate Bettenhausen
Vorstand Landesverband Bayern für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V., Vorstand Helfende Hände e. V., Verein zur Förderung und Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener e. V.:
Mein Part ist, diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die selber nicht sprechen können, die von Kindheit bis ins Erwachsenenalter hinein neben dem Bedarf an außerklinischer Intensivpflege eine komplexe Behinderung haben, also auch im kognitiven Bereich eine Beeinträchtigung haben und deswegen immer eine Stellvertretung benötigen. Das bin in dem Fall jetzt ich als Mutter eines jungen Mannes, der inzwischen 28 Jahre alt ist.  (…) Über all die Jahre haben wir uns irgendwie so durchgewurschtelt und nach vorne gekämpft, auch mit viel familiärem Engagement. Oft waren wir die ersten mit diesem komplexen Bedarf, in Kindergarten, Schule, Förderstätte, aber wir sind sicherlich nicht die Einzigen.
Und jetzt dieses GKV-IPReG! Es darf einfach nicht alles in Frage stellen, die ganze Lebenswelt – und da passt das Wort sehr sehr gut – die wir für unseren Sohn aufgebaut haben, die aber von anderen genauso benötigt wird. Eine umfassende teilhabeorientierte Versorgung muss es auch weiterhin geben können. Denn genau das deckt den Bedarf, und dann sind eben auch verschiedene Sozialgesetzbücher am Start und werden benötigt, um diese komplexe Leistung für einen Menschen mit komplexerer Behinderung erbringen zu können, damit er – und das hat er – ein gutes, ein gesundes und vor allen Dingen ein teilhabeorientiertes Leben führen kann. Er kann selbstbestimmen, auch wenn er selbst nicht sprechen, das nicht selbst artikulieren kann. Er macht es auf anderen Wegen, z.B. kann er durch unterstützte Kommunikation sehr wohl seinen Willen zum Ausdruck bringen, er könnte aber nicht lautsprachlich in dieser Runde sagen.

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