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Immer wieder, wenn ich den Kommentar für die letzte Ausgabe des Jahres schreibe, suche ich nach geflügelten Worten, die die letzten Monate zusammenfassen. Dieses Mal landete ich bei Platon und muss sagen: Jedes Zitat ein Treffer.
„Am allererdrückendsten sind doch die Leute, die Gesetze erlassen und ständig erneuern, stets im Glauben, den Betrügereien im Geschäftsleben Schranken setzen zu können, ohne zu ahnen, daß sie in Wirklichkeit einer Hydra Köpfe abschneiden.“ Tja, wer möchte denn dabei nicht an das GKV-IPReG denken. An das Sinnen und Trachten des Gesetzgebers, die schwarzen Schafe aus dem Markt zu treiben. Die Versorgungssituation der Betroffenen zu verbessern. Und noch dazu dem Pflegenotstand entgegenzutreten. Hm, manche sprechen derzeit – neben vielen anderen Aspekten, die im Gesetz zu kritisieren sind – von Fehlanreizen, die jetzt schlicht in die Kliniken und Weaningzentren verlagert wurden. 1:0 für Platon.
Und noch ein Zitat des großen Philosophen passt hier gut: „Gerechtigkeit wird nur dort herrschen, wo sich die vom Unrecht nicht Betroffenen genauso entrüsten, wie die Beleidigten.“ Es ist doch so, solange das Gesetz nur in der kleinen Blase außerklinische Intensivpflege diskutiert, kritisiert und seine Sinnhaftigkeit in der aktuellen Form in Zweifel gezogen wird, muss der Atem der Betroffenen – mit dem sie sowieso zu kämpfen haben – länger sein, als ihnen gut tut. Wenn die Gesellschaft nicht versteht, dass auch sie als Gesamtheit von solchen Entscheidungen irgendwann betroffen sein kann, ist der Aufschrei der Empörung zu leise, um nachhaltig gehört zu werden.
Und weil ich mich gar nicht entscheiden kann, welches Zitat nun am besten zu 2023 passt, hier noch eines: „Diejenigen, die zu klug sind, um sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft werden, dass sie von Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie selbst.“ Ach ja, es waren Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Mit Ergebnissen, die den einen oder anderen doch mindestens zart erschauern lassen, beim Gedanken an die nächste Bundestagswahl. „Aus der Demokratie entwickelt sich, wenn Freiheit im Übermaß bewilligt wird, die Tyrannei.“ Sollte Platon auch damit Recht gehabt haben? Wollen wir es mal nicht hoffen, denn die Demokratie ist es, die zumindest den Widerstand gegen Gesetze wie das GKV-IPReG im Kleinen, aber eben auch andere Entscheidungen im Großen möglich macht.
Wem nun das Herz noch nicht schwer genug ist, mit dem werfe ich einen letzten Blick auf die Kriegsschauplätze, die sich dieses Jahr multpliziert haben und sich keinesfalls ignorieren lassen. Wer nach dem Grund fragt: „Es entstehen alle Kriege um den Besitz des Geldes wegen“, war Platons Ansicht, an der letzten Endes wohl viel Wahres ist.
Aber, noch ist nicht aller Tage Abend. Sind wir alle doch größtenteils vernunftbegabte Menschen. Lassen wir uns nicht unterkriegen: Wir sollten: „Denken was wahr, und fühlen was schön, und wollen was gut ist: darin erkennet der Geist das Ziel des vernünftigen Lebens.“ Auf auf also, ins kommende Jahr. Werden wir nicht müde für unsere Demokratie zu kämpfen. Denn – und das nun sagte der irische Schriftsteller Oscar Wilde: „Am Ende wird alles gut sein. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“
Ihre
Andrea Linder


